Im Alter von 82 Jahren ist Annunziata Gatta noch immer eine Naturgewalt. Von ihrem Büro in ihrem Haus in Cuma im Südwesten Italiens aus leitet Nunzia, wie sie auch genannt wird, eine Wohltätigkeitsorganisation, die die Bildung von Frauen und Kindern in Äthiopien fördert.
„Ich bin eine Art Wunder in meinem Alter, ich arbeite zehn Stunden am Tag“, erzählt sie.
Kürzlich hatte Nunzia jedoch wie viele andere ältere Menschen mit der extremen Hitze zu kämpfen, von der die Region betroffen war. Sie erklärt, warum Hitze für ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen besonders schwer zu ertragen sein kann, und warum es angesichts der infolge des Klimawandels zunehmenden extremen Hitzeereignisse so wichtig ist, für gefährdete Mitglieder der Gemeinschaft zu sorgen.
Beispiellose Temperaturen
„Heute sind es 42 Grad Celsius (107 Grad Fahrenheit), und es weht ein seltsamer Wind aus der Sahara“, erzählt Nunzia, während sie mit einem Träger-Oberteil bekleidet in ihrer klimatisierten Küche sitzt. „Es war noch nie so schlimm wie in diesem Jahr. Wir haben noch nie 40 Grad gehabt, noch nie.“
Die Luftfeuchtigkeit liegt bei unangenehmen 75 %, und da Nunzia nur eine funktionierende Niere hat, spürt sie die Auswirkungen von Dehydrierung.
„Ich schwitze viel, esse nicht viel. Mir ist einfach nicht nach Essen zumute. Ich schlafe auch nicht gut.“
Während der Hitzewelle entwickelte sie Magenprobleme und sorgt sich zudem um ihr Herz. „Heute habe ich einen Termin mit meinem Kardiologen gemacht, weil ich vor Kurzem das Gefühl hatte, nicht atmen zu können“, erzählt sie. Darüber hinaus verweist sie auf die negativen Auswirkungen der klimatisierten Luft auf ihr Rheuma und ihre Arthritis.
Da sie nachts nicht durchschlafen kann, schlief sie an einem Sonntag den ganzen Tag lang, ohne zu essen, und wurde erst abends spät von Besuchern geweckt. Es macht ihr Angst darüber nachzudenken, was hätte passieren können, wenn sie nicht vorbeigekommen wären. Unter der Woche ist sie froh über die Gesellschaft der Freiwilligen, die für ihre Wohltätigkeitsorganisation arbeiten, und eines Netzwerks an fürsorglichen Nachbarn.
„Vor drei Tagen war ich aufgrund der Hitze sehr krank. Ich dachte, dass ich einen Hitzschlag hatte. Zwei Leute hier haben sich um mich gekümmert. Ich kann meinen Freiwilligen, meinen Freunden, meiner Familie und so vielen anderen Menschen im Süden Italiens wirklich vertrauen.“
Sie wiederum kümmert sich um andere ältere Menschen in der Nachbarschaft, besonders jetzt, wo so viele von ihnen aufgrund der Hitze ihr Zuhause nicht verlassen können.
„Wir haben Glück, dass wir in einem Haus mit einem Garten wohnen. Ich muss immer an die Menschen denken, die in kleinen Wohnungen leben, schon während der COVID-19-Pandemie und auch jetzt, wo man aufgrund der Hitze nicht nach draußen gehen kann“, erklärt sie. „In meiner Straße gibt es drei ältere Damen, die allein leben. Wir kümmern uns per Telefon um sie, wir rufen einander an, und wir fragen einander, ob jemand etwas einzukaufen hat.“
Nunzia hält Maßnahmen für notwendig, die nicht nur die gesundheitlichen Folgen der Hitze für ältere Menschen, sondern auch den zusätzlichen Stress und die damit verbundene soziale Isolation anerkennen.
„Ich habe wirklich Glück, aber ich habe Kontakt zu meiner Schwester und meinem Bruder, die beide älter sind als ich. Es ist nicht leicht, in dieser Situation zu leben“, erklärt sie. „Ich würde vorschlagen, Menschen aus ihrem Zuhause abzuholen und sie tagsüber in Gemeindezentren zu bringen, wo sie andere treffen können. Sie können einen schönen Tag an einem kühleren Ort verbringen. Das sollte man in Städten wirklich umsetzen.“
Umgang mit den Folgen der Hitze
Nach neuen Schätzungen, die vor Kurzem in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurden, starben allein im vergangenen Jahr mehr als 60 000 Menschen in Europa an den Folgen extremer Hitze, und da sich unser Planet weiter erwärmt, wird diese Zahl von Jahr zu Jahr steigen. Neben der zunehmenden Mortalität führt die extreme Hitze zu Leid und Isolation und verschärft zudem Vorerkrankungen.
Um Menschen dabei zu helfen, die schlimmsten gesundheitlichen Folgen der Hitze zu vermeiden, bietet die Kampagne #KeepCool von WHO/Europa einfache, praktische Empfehlungen:
- Meiden Sie die Hitze. Vermeiden Sie es, sich während der heißesten Tageszeit im Freien aufzuhalten und anstrengende Tätigkeiten auszuführen. Bleiben Sie im Schatten, und lassen Sie Kinder oder Tiere nicht in geparkten Fahrzeugen zurück. Verbringen Sie, wenn notwendig und möglich, mindestens zwei bis drei Stunden des Tages an einem kühlen Ort.
- Halten Sie die Wohnung kühl. Nutzen Sie die Nachtluft, um Ihre Wohnung zu kühlen. Verringern Sie tagsüber die Wärmebelastung in Innenräumen, indem Sie Jalousien oder Rollläden herunterlassen und so viele elektrische Geräte wie möglich ausschalten.
- Sorgen Sie für Erfrischung und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Tragen Sie leichte, lose Kleidung und verwenden Sie leichte Bettwäsche, duschen oder baden Sie zur Abkühlung und trinken Sie regelmäßig Wasser. Verzichten Sie auf zuckerhaltige, alkoholische und koffeinhaltige Getränke.
- Denken Sie an Ihre eigene Gesundheit, sehen Sie aber auch nach Familienmitgliedern, Freunden und Nachbarn, die viel Zeit allein verbringen. Anfällige Menschen könnten an heißen Tagen Hilfe benötigen. Helfen Sie gefährdeten Personen, die Rat und Hilfe benötigen.
Um die Bevölkerung vor den schlimmsten Folgen der extremen Hitze zu schützen, sollten nationale und lokale Behörden ihren Teil beitragen, und zwar durch die:
- Entwicklung von Aktionsplänen für Hitzeperioden, die Frühwarn- und Reaktionssysteme für städtische und ländliche Gegenden beinhalten;
- Schaffung von Reaktionsstrategien sowohl für die allgemeine Bevölkerung als auch für besonders gefährdete Gruppen wie ältere Erwachsene und Menschen, die im Freien arbeiten;
- Erstellung wirksamer Pläne für die Kommunikation mit maßgeblichen Akteuren.